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Frühgeburt aufhalten?

Tokolyse: Wehenhemmer und ihre Nebenwirkungen

Wenn sich das Baby zu früh auf den Weg macht, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Geburt noch etwas hinauszuzögern, um ihm Zeit zum Reifen zu geben. Die als Tokolyse bezeichnete Behandlung mit Wehenhemmern gehört zu den häufigsten Maßnahmen in der Geburtshilfe. Hier erfährst du alles, was du über Wirkung, Nebenwirkungen und Vorgehen wissen musst.

Schwangere mit Zugang im Krankenhaus
© Getty Images/Halfpoint Images

Kurzübersicht: Tokolyse

Was ist das? Tokolyse ist die Bezeichnung für die medikamentöse Hemmung vorzeitiger Wehen. Sie wird im Krankenhaus durchgeführt. Ziel ist es, die Geburt um mindestens 48 Stunden hinauszuzögern.

Wann wird die Tokolyse durchgeführt? Zwischen der 24. und 35. SSW, manchmal auch schon ab der 23. SSW, werden Wehenhemmer verabreicht. Der Mutter werden Glukokortikoide (Kortison) gespritzt, die die Lungenreifung des Babys stark vorantreiben.

Welche Nebenwirkungen haben Wehenhemmer? Je nach verabreichtem Medikament sind mögliche Nebenwirkungen: Zittern, Herzrasen, erhöhter Puls, Blutzuckerabsenkung, Kopfschmerzen oder Blutdrucksenkung. Atosiban verusacht von allen Wehenhemmern die wenigsten Nebenwirkungen.

In Deutschland kommen etwa acht Prozent aller Kinder als Frühgeburten auf die Welt. Das medikamentöse Hemmen der Geburtswehen gehört deshalb neben der Einleitung der Geburt zu den häufigsten Maßnahmen in der Geburtshilfe.

Artikelinhalte auf einen Blick:

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Tokolyse: Mit Wehenhemmern die Geburt hinauszögern

Die Tokolyse kann bei vorzeitiger Wehentätigkeit oder einem vorzeitigen Blasensprung angewendet werden. Ziel ist es, eine sich abzeichnende Frühgeburt um mindestens 48 Stunden hinauszuzögern, um dem Baby im Mutterleib noch etwas Zeit zum Reifen zu geben.

Zeichnet sich eine Frühgeburt vor der 34. SSW (33+6) ab, werden der Mutter Glukokortikoide ("Kortison") verabreicht. Sie beschleunigen die Lungenreifung und die Bildung von Lungenbläschen beim Baby. Je "reifer" die Lunge bei der Geburt ist, desto größer stehen die Chancen des Frühgeburt auf einen komplikationsarmen Start ins Leben. Im Abstand von 24 Stunden werden zweimal je 12 mg Betamethason gegeben.

Außerdem kann die Schwangere in dieser Zeit gegebenenfalls in ein Krankenhaus mit speziellen Versorgungsmöglichkeiten für Frühgeborene (Perinatalzentrum) verlegt werden.

Tokolyse ist effizient

Durch medizinischen Fortschritt und Schwangerschaftsvorsorge lässt sich das Risiko einer Frühgeburt heute oft schon frühzeitig erkennen und ihm entgegenwirken. Laut einer in den S2k-Leitlinien zitierten Metaanlayse 58 randominisiert-kontrollierter Studien lässt sich durch Wehenhemmer die Geburt bei vorzeitigen muttermundswirksamen Wehen in 75 bis 93 Prozent aller Fälle um 48 Stunden, in 62 bis 78 Prozent der Fälle sogar um sieben Tage hinausschieben.

Wann wird die Tokolyse durchgeführt?

Eine Tokolyse wird bei vorzeitiger Wehentätigkeit oder vorzeitigem Blasensprung in der Regel zwischen der 24. und der 34. Schwangerschaftswoche (22+0 bis 33+6) durchgeführt. Manchmal kann sie auch schon ab der 23. SSW (22+0) sinnvoll sein. Angestrebt wird eine Schwangerschaftsverlängerung, um die Komplikationen für das Frühgeborene möglichst zu reduzieren.

Bettruhe und körperliche Schonung werden nicht mehr empfohlen, da diese sogar mit einigen Risiken, beispielsweise von Thromboembolien, Verlust an Muskelmasse oder einer erhöhten Rate an Depressionen einhergehen. Die Tokolyse wird im Krankenhaus durchgeführt.

Kontraindikationen: Wann wird auf die Tokolyse verzichtet?

Vor der 24. SSW muss von Fall zu Fall entschieden werden, ob eine Tokolyse sinnvoll ist, um die Frühgeburt noch etwas aufzuschieben. Vor der 23. SSW wird in der Regel darauf verzichtet.

Ab der 35. Schwangerschaftswoche ist die Lungenreifung des Babys bereits so weit fortgeschritten, dass keine Wehenhemmung mehr erforderlich ist.

Ist es durch eine aufsteigende Infektion aus dem Genitaltrakt zu einer Infektion von Fruchtblase, Eihäuten, Plazenta oder dem ungeborenen Baby selbst gekommen, besteht die Gefahr einer Blutvergiftung (Sepsis). Bei diesem als Amnioninfektionssyndrom (AIS) bezeichneten Zustand werden keine Tokolytika verabreicht, sondern in der Regel die Geburt eingeleitet oder ein Kaiserschnitt durchgeführt.

Bei schwerer Präeklampsie/Eklampsie kann eine schnellstmögliche Entbindung sogar nötig sein, um das Leben von Mutter und Kind zu retten. Das gilt auch für die vorzeitige Plazentaablösung.

Kontraindikationen für Wehenhemmer sind außerdem Sauerstoffmangel beim Baby (fetale Hypoxie), der sich in einem auffälligen CTG äußert, oder schwere, mit dem Leben nicht vereinbare Fehlbildungen des Babys. Blutungen der Mutter mit hämodynamischer Instabilität sowie die jeweiligen Nebenwirkungen der verschiedenen Wehenhemmer können ebenfalls gegen eine Tokolyse sprechen.

Welche Wehenhemmer werden eingesetzt und welche Nebenwirkungen haben sie?

Medikamente aus den Wirkstoffgruppen der Betamimetika und der Oxytocinantagonisten werden in Deutschland für die Tokolyse verabreicht. Es gibt allerdings noch weitere Medikamente, die in Deutschland erlaubt sind und von Ärzten mit Einverständnis der Patientin als Tokolytikum eingesetzt werden dürfen ("Off-label-Gebrauch"). Als Tokolytika sind in Deutschland Fenoterol und Atosiban für die Tokolyse zugelassen.

Betamimetika/Betasympathomimetika

Aus der Gruppe der Betamimetika wird in der Regel Fenoterol angewandt. Bei Medikamenten aus dieser Gruppe ist die Nebenwirkungsrate am größten, was auch den größten Überwachungsaufwand bedingt.

Fenoterol darf nicht bei Herzrhythmusstörungen oder anderen Herzerkrankungen der Mutter angewendet werden, da es Herzrasen und Herzrythmusstörungen sowie Angina pectoris auslösen kann. Auch beim Kind kann es durch die Gabe von Fenoterol zu Herzrasen und Einschränkungen der Herzfrequenzvariabilität kommen.

Bei gleichzeitiger Gabe von Glukokortikoiden zur Lungenreifung des Kindes erhöht sich unter Fenoterol bei der Mutter zudem das Risiko für ein Lungenödem.

Schwangere mit Diabetes mellitus erhalten das Medikament nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung, da Fenoterol den Blutzuckerspiegel erhöhen kann (Hyperglykämie).

Vor allem in den ersten Stunden kommt es bei Müttern außerdem möglicherweise zu Muskelzittern, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sowie vermehrtem Schwitzen. Auch bei herzgesunden Frauen kann Herzrasen auftreten.

Magnesiumsulfat

Magnesium beziehungsweise Magnesiumsulfat kann zwar zur Wehenhemmung eingesetzt werden, die Datenlage zur Wirksamkeit ist aber nicht ganz klar. Zwar ergab sich aus Metaanalysen hinsichtlich der Verlängerung der Schwangerschaft um 48 Stunden eine höhere Effektivität als bei Gabe eines Placebos. Eine Cochrane Review aus dem Jahr 2014 konnte jedoch keine schwangerschaftsverlängernde Wirkung aufzeigen.

Kalziumantagonisten

Kalziumantagonisten werden in Deutschland immer häufiger im Rahmen der Tokolyse eingesetzt, am häufigsten der Wirkstoff Nifedipin. Bei Nifedipin sind die Nebenwirkungen weitaus geringer als bei Fenoterol. Neben Übelkeit, Kopfschmerzen und Gesichtsrötung (Flush) kann auch Herzklopfen auftreten. Deshalb werden Schwangere mit Herzerkrankungen bei der Gabe von Kalziumantagonisten besonders gut überwacht. Die gleichzeitige Gabe von Magnesium im Rahmen der Tokolyse schließt eine Therapie mit Kalziumantagonisten aus, da bei beiden Wirkstoffen zusammen die muskelentspannende Wirkung zu stark werden kann.

Oxytocinantagonisten/Atosiban

Oxytocinantagonisten hemmen die Wirkung des wehenauslösenden Hormons Oxytocin. Der verwendete Wirkstoff Atosiban hat im Vergleich zu Betamimetika und Nifedipin wesentlich weniger Nebenwirkungen bei vergleichbarer Effizienz, kann seine Wirkung aber auch noch entfalten, wenn Oxytocin maßgeblich an den vorzeitigen Wehen beteiligt ist. Der Wehenhemmer verursacht aber auch von allen Medikamenten die höchsten Arzneimittelkosten.

Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen treten bei weniger als einem Prozent der mit Atosiban behandelten Schwangeren auf. Nach Gabe von Atosiban und Nifedipin wurden bei Kindern zwischen 2,5 und 5,5 Jahren keine Nachwirkungen beobachtet.

NO-Donoren

NO-Donoren oder NO-Donatoren setzen Stickstoffmonoxid in der glatten Muskulatur frei, was muskelentspannend wirkt. Studien zeigen eine gute Wirksamkeit von NO-Donoren als Wehenhemmer. Auch scheinen sie nach aktuellem Forschungsstand keine Störungen beim Kind hervorzurufen. Gegen NO-Donoren spricht, dass eine Nebenwirkung starke Kopfschmerzen ("Nitratkopfschmerz") sind. Sie eignen sich daher nicht für Schwangere, die generell unter Kopfschmerzen leiden.

Prostaglandinsynthesehemmer/Indomethacin

Prostaglandinsynthesehemmer hemmen Prostaglandine, die bei der Geburt zum einen für das Weichwerden des Muttermundes sorgen und zum anderen die Gebärmuttermuskulatur zu Kontraktionen anregen. Postaglandinsynthesehemmer gelten als wirksam und bei einer kurzen Anwendung (maximal 48 Stunden) als relativ nebenwirkungsarm für die Mutter. Kontraindikationen für die Anwendung sind Asthma bronchiale, koronare Herzerkrankungen und Blutungen im Verdauungstrakt (gastrointestinale Ulzera).

Mögliche Nebenwirkungen beim Kind sind die Einschränkung der Nierenfunktion sowie ein erhöhtes Risiko für den vorzeitigen Verschluss des Ductus arteriosus botalli. Dieses kleine Blutgefäß verbindet die Hauptschlagader des Babys mit seiner Lungenschlagader und verschließt sich normalerweise erst nach der Geburt. Indomethacin sollte daher nicht länger als 48 Stunden gegeben werden.

Eine Metaanalyse ergab zudem erhöhte Risiken für die spätere Entwicklung einer nekrotisierenden Enterokolitis, einer entzündlichen Darmerkrankung beim Kind sowie Hirnschädigungen (periventrikuläre Leukomalazien). Allerdings wurden in der Analyse keine Angaben zu Dauer und verabreichter Menge gemacht.

Antibiotika in der Tokolyse

Aktuell empfehlen die Fachgesellschaften keine routinemäßige Gabe von Antibiotika zur Schwangerschaftsverlängerung bei vorzeitiger Wehentätigkeit ohne Blasensprung. In Studien konnte bislang kein positiver Effekt auf Schwangerschaftsdauer und Gesundheitszustand des Kindes nachgewiesen werden.

Lediglich eine Studie ergab Hinweise darauf, dass die Frühgeburtenrate bei Schwangeren mit bakterieller Vaginose und einem erhöhten Frühgeburtsrisiko durch eine vorangegangene Frühgeburt nach Gabe von Antibiotika gesenkt wird.

Wie lange kann die Tokolyse durchgeführt werden?

Ziel der Tokolyse ist es, die Geburt mindestens 48 Stunden hinauszuzögern, um in dieser Zeit die Lungenreifung des ungeborenen Babys zu beschleunigen und die Mutter ggf. in ein gut ausgestattetes Krankenhaus (mit Perinatalzentrum) zu bringen. Je nach Medikament und Wirkweise kann die Tokolyse sogar einige Tage durchgeführt werden.

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