Bakterielle Vaginose: Scheidenflora aus dem Gleichgewicht
Bei der bakteriellen Vaginose handelt es sich um ein Ungleichgewicht in der Besiedelung der Scheidenflora. Sie ist besonders in der Schwangerschaft häufig und kann unbehandelt zu einer Frühgeburt führen.
- © GettyImages/Alexander Medvedev
Bei einer bakteriellen Vaginose hat sich die Zusammensetzung der Vaginalflora verschoben: Statt der guten Milchsäurebakterien überwiegen nun Bakterienarten, die verschiedene Beschwerden auslösen können.
Die bakterielle Vaginose ist die häufigste Störung des Scheidenmilieus von gebärfähigen Frauen – etwa jede Fünfte ist mindestens einmal im Leben betroffen. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika.
Artikel-Inhalte auf einen Blick:
- Symptome reichen von Ausfluss bis Juckreiz
- Ursachen der veränderten Bakterienflora
- Besonderheiten in der Schwangerschaft
- Diagnosekriterien
- Behandlung erfolgt mit Antibiotika
- Ist Vorbeugung möglich?
Jucken, Ausfluss und Geruch: Die Symptome der bakteriellen Vaginose
Ist die Vaginalflora in Balance, sind Milchsäurebakterien in der Überzahl und säuern das Scheidenmilieu an, was die Vermehrung krankmachender Keime verhindert. Bei gesunden Frauen beträgt der pH-Wert der Scheide etwa 4. Besteht hingegen eine bakterielle Vaginose, klettert der pH auf einen Wert über 4,5, die Scheidenflora ist also weniger sauer als normalerweise.
Etwa die Hälfte der betroffenen Frauen erlebt verstärkten Ausfluss, der gräulich sowie schaumig oder dünnflüssig sein kann. Amine – bestimmte Stoffwechselprodukte der auslösenden Bakterien – sorgen dafür, dass der Ausfluss unangenehm riecht, typisch ist ein fischartiges Aroma. Deshalb wird die bakterielle Vaginose auch als Amin-Kolpitis bezeichnet. Weitere mögliche Symptome umfassen Juckreiz und brennende Schmerzen beim Sex oder Wasserlassen. In etwa jedem zweiten Fall fehlen jegliche Anzeichen.
Ursachen: Warum ändert sich die Keimzusammensetzung?
Bei der Entstehung einer bakteriellen Vaginose spielen unterschiedlichste Bakterienarten eine Rolle, vermutlich sind noch nicht alle auslösenden Keime bekannt. Verursachen können die Beschwerden unter anderem diese Stämme:
- Gardnerella
- Porphyromonas
- Mycoplasma
- Atopium
- Prevotella
- Bacteroides
- Mobiluncus
- Ureaplasma
- Peptostreptococcus
- Clostridiales
- Leptotrichia
- Eggerthella
Durch genannte Keime kommt es zur Verdrängung der guten Milchsäurebakterien (auch Laktobazillen oder Döderlein-Bakterien genannt), die für das gesunde, saure Scheidenmilieu verantwortlich sind. Döderlein-Bakterien halten krankmachende Keime im Normalfall in Schach.
Verschiebt sich jedoch das vaginale Mikrobiom (die Gesamtheit aller Keime, die die Scheide besiedeln) zugunsten der schädlichen Bakterien, kommt es zu den Symptomen einer bakteriellen Vaginose. Diese Verschiebung der Keimzusammensetzung wird fachsprachlich Dysbiose genannt.
Dabei lösen bei betroffenen Frauen unterschiedliche Keime beziehungsweise Keimkombinationen die Beschwerden aus; meist werden drei bis sechs der oben genannten Bakterien nachgewiesen. Die meisten von ihnen sind fakultativ pathogen – das bedeutet, dass sie auch in der gesunden Scheidenflora vorkommen, allerdings in geringer Zahl.
Häufig wechselnde Sexualpartner und Hormonschwankungen erhöhen das Risiko
Warum genau sich das Ungleichgewicht bildet, ist noch nicht bekannt. Fachleute vermuten allerdings, dass Sex mit einem männlichen Partner eine große Rolle spielt, denn dabei können Teile des Penis-Mikrobioms auf die Scheidenflora einer Frau übergehen. Demzufolge sind Frauen, die den Sexualpartner häufig wechseln, stärker gefährdet.
Als weitere Risikofaktoren gelten Hormonschwankungen, Östrogenmangel, Rauchen, Antibiotika-Einnahme sowie die Regelblutung oder andere Blutungen aus der Vagina. Auch starker Stress und ein geschwächtes Immunsystem machen es schädlichen Keimen in der Scheidenflora leichter, sich zu vermehren.
Scheidenspülungen und -Deos bringen die Vaginalflora durcheinander und sind für die Intimhygiene ungeeignet. Möglicherweise begünstigt zudem ein Vitamin-D-Mangel die Entstehung der bakteriellen Vaginose.
Warum eine bakterielle Vaginose in der Schwangerschaft gefährlich sein kann
In der Schwangerschaft kommt es besonders häufig zur bakteriellen Vaginose, betroffen sind zwischen zehn und 20 Prozent aller werdenden Mütter. Der Grund hierfür sind hormonelle Schwankungen im Schwangerschaftsverlauf.
Durch eine bakterielle Vaginose während der Schwangerschaft kann es zu vorzeitigen Wehen und somit zu einer Fehl- oder Frühgeburt kommen. Ursache dafür sind biochemische Reaktionen zwischen Gebärmutter und Fötus, die durch die bakterielle Vaginose ausgelöst werden und zur verstärkten Produktion von Prostaglandinen (wehenfördernden Hormonen) führen.
Wenn die bakterielle Vaginose zu einer aufsteigenden Infektion im Genitaltrakt der Frau führt, kann es außerdem zum vorzeitigen Sprung der Fruchtblase kommen. Auch das Risiko für weitere Komplikationen vor, während und nach der Geburt steigt durch die Fehlbesiedelung an. Deshalb gehört die Behandlung einer Dysbiose während der Schwangerschaft unbedingt in ärztliche Hände.
Da eine bakterielle Vaginose nicht immer Beschwerden verursacht, können schwangere Frauen zur Sicherheit selbst regelmäßig den pH-Wert des Scheidenbereichs überprüfen. Dafür gibt es spezielles Lackmus-Papier in der Apotheke oder Drogerie.
Diagnose: Vier Kriterien sind ausschlaggebend
Die Diagnose einer bakteriellen Vaginose erfolgt zum einen über den vaginalen pH-Wert, der im Falle einer Dysbiose mehr als 4,5 beträgt, zum anderen anhand der charakteristischen Symptome. Da Letztere aber nicht bei allen Frauen vorhanden und zum Teil unspezifisch sind, kommt darüber hinaus ein mikrobiologischer Test zum Einsatz.
Schlüssel zur Diagnose sind dabei die sogenannten „clue cells“ aus dem Scheidenabstrich. Diese sind mit Stäbchenbakterien übersät und unter dem Mikroskop leicht zu identifizieren. Außerdem kann die*der Gynäkolog*in eine chemische Reaktion zum Nachweis der Amine durchführen.
Für die Diagnosestellung müssen drei der vier sogenannten Amsel-Kriterien erfüllt sein:
- grau-weißer, homogener Scheidenausfluss
- pH-Wert von mindestens 4,5
- Der Anteil der Schlüsselzellen („clue cells“) an allen sichtbaren Vaginalzellen im Präparat liegt bei mindestens einem Fünftel
- Amin-Test fällt positiv aus: Die Zugabe einer Kaliumhydroxid-Lösung zum Scheidenausfluss führt zu fischigem Geruch
Achtung: Wenn Sie eine bakterielle Vaginose haben und eine Vorsorge beim Frauenarzt ansteht, verschieben Sie diese lieber auf die Zeit nach der Behandlung – die Störung des vaginalen Milieus kann das Ergebnis des Krebsabstrichs (Pap-Tests) verfälschen.
Therapie erfolgt fast immer mit Antibiotika
In zehn bis 20 Prozent der Fälle heilt eine bakterielle Vaginose von allein aus. Behandelt werden kann die Dysbiose andernfalls mit verschiedenen Antibiotika. Meist kommen die Wirkstoffe Metronidazol sowie – besonders in der Schwangerschaft – Clindamycin zum Einsatz. Metronidazol darf erst ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel verwendet werden.
Die Mittel verschreibt der*die Frauenarzt*Frauenärztin, sie werden als Tabletten oral eingenommen oder lokal als Creme, Zäpfchen oder Vaginaltabletten angewendet. Nach rund einer Woche ist die Behandlung abgeschlossen, eine Mitbehandlung des*der Sexualpartners*Sexualpartnerin gilt nach bisherigem Kenntnisstand als unnötig.
Jedoch kommt es nach einer beschwerdefreien Zeit häufig zum erneuten Aufflammen (Rezidiv) der Fehlbesiedelung. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass die antibiotische Behandlung den bakteriellen Biofilm nicht komplett auflösen kann. Zudem greifen die Mittel unspezifisch auch die guten Döderlein-Keime an.
Auch wenn keine Schwangerschaft besteht, sollte die bakterielle Vaginose unbedingt behandelt werden, denn sie erhöht das Risiko verschiedener gynäkologischer Infektionen, darunter
- Zervizitis (Entzündung der Schleimhaut des Gebärmutterhalses)
- Bartholinitis (Entzündung der Bartholin-Drüsen)
- Vulvitis (Entzündung des äußeren Intimbereichs)
- Salpingitis (Eileiterentzündung)
Auch vor dem Einsetzen einer Spirale oder Operationen an der Gebärmutter muss eine (eventuell symptomlose) bakterielle Vaginose ausgeschlossen beziehungsweise behandelt werden, da sonst die Gefahr einer Eileiter- oder Gebärmutterentzündung besteht.
Lässt sich einer bakteriellen Vaginose vorbeugen?
Es gibt keine Maßnahmen, um die vaginale Dysbiose sicher zu vermeiden. Nach einer erfolgreichen Behandlung können Milchsäurepräparate zum Einsatz kommen, um einem Rückfall vorzubeugen. Auch Kondome könnten eine gewisse Schutzwirkung haben, indem sie die Übertragung von Keimen beim Sex blockieren.
Im Fall häufig wiederkehrender Beschwerden sollten Frauen auf Stressabbau setzen und das Rauchen sein lassen.