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Häufiger Eingriff unter der Geburt

Dammschnitt: Wann ist eine Episiotomie wirklich nötig?

Erleichterung der Geburt: Vom routinemäßig durchgeführten Dammschnitt sind geburtshilfliche Kliniken inzwischen abgerückt. Trotzdem kann eine Episiotomie in manchen Fällen hilfreich sein. Wir informieren dich rund um Gründe für den Dammschnitt sowie die Heilung und Pflege der Naht.

Dammschnitt (Episiotomie): Häufiger Eingriff unter der Geburt
© GettyImages/Catherine Delahaye

Kurzübersicht: Dammschnitt

Was ist das? Beim Dammschnitt wird das Gewebe zwischen Scheide und After durch einen gezielten Schnitt durchtrennt, um die Geburt des Babys zu beschleunigen.

Warum wird er gemacht? Mögliche Gründe für einen Dammschnitt sind unter anderem eine Beckenendlage des Babys bei der Geburt, ein übermäßig großes Kind oder sehr straffes Gewebe der Gebärenden. Auch bei Saugglocken- und Zangengeburten führt das Fachpersonal häufig eine Episiotomie durch.

Wann verheilt die Wunde? Die Zeitspanne der Heilung ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem von der gewählten Schnittführung. Sie variiert von einer bis mehreren Woche(n).

Artikel-Inhalt auf einen Blick:

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Was ist ein Dammschnitt?

Der Dammschnitt (medizinisch: Episiotomie) ist ein geburtshilflicher Eingriff, bei dem der Damm während der Geburt vom hinteren Ende der Scheide in Richtung After eingeschnitten wird. Der Damm (medizinisch: Perineum) ist ein Gebilde aus Muskelfasern und Bindegewebe und liegt zwischen Vagina und After (beim Mann zwischen Hoden und After). Wenn in der Pressphase der Kopf des Babys erscheint, wird das Dammgewebe extrem gedehnt und steht unter großem Druck.

Dieser Druck kann zu Geburtsverletzungen wie Dammriss, Scheidenriss, Labienriss oder Klitorisriss führen, wobei Letzterer sehr selten ist. Um solchen unkontrollierbaren Geburtsverletzungen vorzubeugen und die Geburt zu erleichtern, wurde bis vor einigen Jahrzehnten routinemäßig ein Dammschnitt durchgeführt.

Der Damm wird dabei mit einer speziellen Schere möglichst während einer Presswehe eingeschnitten. Durch den Schnitt während des Höhepunkts einer Presswehe bleibt der Dammschnitt häufig von der Gebärenden unbemerkt.

Wann wird ein Dammschnitt durchgeführt?

Grundsätzliche Vorgaben, wann ein Dammschnitt unter der Geburt erforderlich ist, gibt es nicht. Vielmehr sind die Geburtshelfer*innen angehalten, eine Episiotomie nur dann durchzuführen, wenn sich dadurch Vorteile für Mutter und Kind ergeben (selektiver Dammschnitt). Dies kann nur in der individuellen Situation entschieden werden.

Mögliche Vorteile durch einen Dammschnitt können beispielsweise in folgenden Fällen gegeben sein:

  • Saugglocken-Entbindung
  • Zangengeburt
  • Beschleunigung der Geburt (etwa, weil sich die kindlichen Herztöne verschlechtert haben)
  • Beckenendlage
  • sehr großes Kind
  • sehr straffes Gewebe der Frau (häufiger bei Erstgebärenden)
  • Schulterdystokie

Insbesondere bei einer vaginal-operativen Entbindung unter Zuhilfenahme von Saugglocke oder Zange kommt der Dammschnitt häufig zum Einsatz. Studien zeigen, dass die Gebärenden davon profitieren, da die Risiken anderer Geburtsverletzungen reduziert werden. Auch bei Erstgebärenden sowie Frauen mit einem kurzen Damm kommt es häufiger zu Dammschnitten.

Wichtig: Ein Dammschnitt darf nur mit Einverständnis der Gebärenden durchgeführt werden!

Dammschnitte sind heute seltener

Um Geburtsverletzungen zu vermeiden und die Geburt zu erleichtern, wurde der Dammschnitt bis vor einigen Jahrzehnten noch prophylaktisch bei den meisten Frauen durchgeführt. Das hat sich mittlerweile geändert: Immer mehr Fachleute sprechen sich gegen den prophylaktischen Dammschnitt bei der spontanen vaginalen Geburt und für den selektiven Dammschnitt aus – also den Dammschnitt nur bei Bedarf. Das spiegelt sich auch in den aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft wider.

Ob routinemäßig oder im Einzelfall – obwohl sich die Zahl der Dammschnitte in den vergangenen Jahren in Deutschland reduziert hat, gehört die Episiotomie immer noch zu den häufigsten operativen Eingriffen während der Geburt.

Dammschnittquote variiert je nach Geburtsort stark

Durchschnittlich ein Viertel (25 Prozent) beträgt die Quote in deutschen Kliniken, dabei schwanken die Zahlen zwischen acht und 70 Prozent. Bei außerklinischen Geburten, beispielsweise im Geburtshaus oder bei Hausgeburten, liegt die Dammschnittrate dagegen bei knapp unter sechs Prozent.

Kritiker*innen sehen die immer noch recht hohe Zahl der Dammschnitte auch in der häufig mangelnden Betreuung der Gebärenden unter der Geburt begründet. Den Frauen würde heute oft nicht genügend Zeit gelassen, damit sich die Dammregion dehnen könne, in Kliniken sei man häufig auf eine möglichst schnelle Geburt bedacht.

Bei Gebärenden mit Querschnittslähmung sollte der prophylaktische Dammschnitt (genau wie andere Geburtsverletzungen) wenn möglich vermieden werden, da hier eine schlechtere Heilung des Gewebes zu erwarten ist.

Arten von Dammschnitten unterscheiden sich auch in der Heilungsdauer

Heute werden in der Geburtshilfe fast ausschließlich zwei Arten von Dammschnitten durchgeführt: Der gerade Schnitt genau in der Mittellinie zwischen Vagina und Anus (mediane Episiotomie) sowie der Schnitt im 45-Grad-Winkel von der Scheide schräg nach hinten (mediolaterale Episiotomie).

Eine dritte Schnittführung, der seitliche Schnitt ein bis zwei Zentimeter von der Mittellinie entfernt nach rechts oder links (lateral), ist später mit mehr Beschwerden und erschwertem Abheilen verbunden und wird deshalb kaum noch durchgeführt.

Mediane Episiotomie

Eine Schnittführung genau in der Mittellinie zwischen Vagina und Anus ist die heute gebräuchlichste Methode des Dammschnitts. Sie hat den Vorteil, dass sie von allen drei Schnittführungen im Normalfall am wenigsten Beschwerden im Wochenbett bereitet.

Der Nachteil aber ist, dass das Dammgewebe trotz des Entlastungsschnittes in Richtung After weiterreißen kann. Die anschließende Versorgung dieser nicht seltenen Komplikation ist aufwändig und erfordert chirurgisches Fingerspitzengefühl. Das Risiko einer Stuhlinkontinenz ist bei dieser Schnittführung etwas erhöht, da der Schließmuskel beim Weiterreißen in Mitleidenschaft gezogen werden kann.

Mediolaterale Episiotomie

Eine Schnittführung von der Mitte aus in ca. 45 Grad Abweichung nach rechts oder links bringt den meisten Raumgewinn. Sie wird bei sehr engem Geburtskanal oder einem sehr großen Kind gewählt sowie bei Zangen- oder Saugglocken-Entbindungen.

Der schräge Schnitt verursacht deutlich mehr Beschwerden im Wochenbett als der Schnitt in der Mittellinie und ist mit stärkeren Blutungen verbunden. Vorteil: Der Schnitt ist erweiterbar und das Risiko eines Dammrisses 3. Grades ist äußerst gering.

Versorgung des Damms nach der Geburt

Ein Dammschnitt ist mit Blutungen verbunden. Nach der Geburt wird der Damm unter örtlicher Betäubung vernäht. Die Fäden lösen sich nach einiger Zeit von selbst auf und müssen nicht gezogen werden. Kleinere Schnitte müssen nicht zwangsläufig genäht werden.

Vor allem in den ersten Tagen nach dem Dammschnitt ist körperliche Schonung angesagt. Langes Sitzen sollte vermieden werden und ist häufig sowieso zu unangenehm. Das gilt auch für langes Gehen. Auch beim Wasserlassen können Schmerzen auftreten. Tipp: Fülle ein sauberes Gefäß mit lauwarmem Wasser. Lass das Wasser beim Wasserlassen einfach in Richtung Harnröhre laufen, das verdünnt den Urin und mindert den brennenden Schmerz. Du kannst dafür natürlich auch eine Podusche benutzen.

Dammschnitt: Heilung benötigt Zeit

Je nach Schnitt und Zustand der Wunde kann die Heilungsdauer von Dammschnitten sehr unterschiedlich sein. Es kommt vor, dass die Naht bereits nach einer Woche abgeheilt ist, aber auch eine Heilungsdauer von mehreren Wochen ist nicht ungewöhnlich. Viele Frauen haben noch einige Zeit nach dem Dammschnitt Schmerzen an der Naht: zehn Tage danach immerhin noch durchschnittlich 225 von 1.000.

Wichtig: Nimm Schmerzmittel nicht ohne ärztliche Absprache ein, wenn du stillst, denn die Wirkstoffe gelangen über die Muttermilch zum Baby.

Um Infektionen der Wunde nach einem Dammriss oder -schnitt zu vermeiden, halte sie möglichst sauber: Beim Stuhlgang solltest du unbedingt von vorne nach hinten wischen, damit keine Keime zum Damm gelangen.

Wenn die Beschwerden noch stark sind, können folgende Maßnahmen die Beschwerden lindern sowie die Heilung unterstützen:

  • Kondom mit Wasser füllen, zuknoten und ins Eisfach legen. Das gefrorene Kondom in ein Tuch wickeln und an den Nahtbereich legen. Achtung: Immer nur wenige Minuten kühlen und niemals direkt auflegen! Auch Cool Packs können verwendet werden.

  • Sitzbäder mit Ölen wie Calendula oder Kamille (jeweils nur kurz baden, damit die Dammnaht nicht "aufweicht") können schmerzlindernd wirken. Wichtig: nicht heiß baden, lieber mit lauwarmem Wasser.

  • Ernähre dich möglichst ballaststoffreich und trinke genug, damit der Stuhl etwas weicher ist.

  • Vermeide beim Stuhlgang das Pressen.

  • Luft an die Naht lassen: "Unten ohne" ist für viele Frauen eine Erleichterung nach dem Dammschnitt. Die Naht kann so auch besser heilen.

Dammschnitt vorbeugen vor und während der Geburt

Unter der Geburt spielt Zeit eine nicht unwesentliche Rolle. Diese braucht der Damm nämlich, um sich nach und nach zu dehnen. Besonders bei Erstgebärenden und/oder Frauen mit sehr festem Gewebe kann das auch mal etwas dauern. Als Hilfestellung legen Hebammen häufig warme Kompressen auf den Damm oder massieren ihn sanft.

Auch der Dammschutz spielt eine große Rolle: Um Rissverletzungen vorzubeugen, wird der Damm während der Geburt durch die Hebamme geschützt, indem eine Hand am Damm liegt. Mit der anderen Hand lässt sich der Durchtritt des Köpfchens "steuern", damit der Kopf nicht mit zu großer Wucht hindurchtritt.

Vorbeugend empfehlen viele Hebammen außerdem die regelmäßige Dammmassage, beginnend etwa neun Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. Auch Heublumendampfbäder gelten als sanfte und natürliche Methode, um das Risiko von Geburtsverletzungen zu reduzieren. Hier erfährst du mehr über das Heublumendampfbad!

Komplikationen und Spätfolgen nach dem Dammschnitt

Unter Schwangeren und in Geburtsvorbereitungskursen sorgt das Thema Dammschnitt immer wieder für Diskussionen. Zahllos sind Berichte von Frauen, deren Dammschnitte nur zögerlich verheilen.

Nicht selten klagen Mütter nach einem Dammschnitt auch über wochenlange Schmerzen beim Wasserlassen und beim Stuhlgang oder auch beim Sex bis hin zur Unfähigkeit, wegen eines zu eng genähten Dammschnitts Geschlechtsverkehr auszuüben ("katholische Naht").

Manche Frauen berichten auch vom sogenannten Husband Stitch, bei dem die Vagina enger als nötig genäht wird, um dem Partner beim Sex nach der Geburt größeres Vergnügen zu bereiten. Dies ist eine illegale Praxis, die du auf keinen Fall hinnehmen musst!

Wenn dir deine Geburtsverletzung längerfristig Probleme macht, zögere nicht, mit deiner Ärztin oder deinem Arzt zu sprechen. Tatsächlich kann es in Einzelfällen notwendig werden, eine Dammnaht wieder zu öffnen und erneut zu vernähen. Das kommt aber selten vor.

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