Fluoxetin: So wirkt das Antidepressivum
Fluoxetin ist ein stimmungsaufhellend wirkendes Antidepressivum. Es erhöht die Serotoninkonzentration, wird aber auch zur Behandlung von Übergewicht verwendet. Studien zu Fluoxetin und Corona klingen vielversprechend.
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- © GettyImages/fizkes
In diesem Artikel lesen Sie:
- Wie wirkt Fluoxetin?
- Nebenwirkungen
- Bei Einnahme beachten
- Schwangerschaft und Stillzeit
- Kinderwunsch
- Kinder und Jugendliche
- Gewichtsabnahme
- Fluoxetin und Corona
Wie wirkt Fluoxetin?
Fluoxetin ist ein Medikament zur Behandlung von depressiven Erkrankungen. Es wird in erster Linie gegen schwere depressive Episoden (Major Depression), Zwangsstörungen und Ess-Brech-Sucht (Bulimie) eingesetzt und gehört zu den Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI).
SSRI verhindern, dass der von den Nervenzellen des Gehirns freigesetzte Botenstoff Serotonin (das sogenannte Glückshormon) wieder von den Zellen aufgenommen wird, indem sie die Serotonin-Wiederaufnahmepumpe blockieren. Die Konzentration des Serotonins im zentralen Nervensystem wird dadurch erhöht, die Wirkdauer verlängert. Fluoxetin wirkt also stimmungsaufhellend.
Dahinter steht die Annahme, dass depressive Erkrankungen mit einem Serotoninmangel bzw. einer Störung des Serotoninstoffwechsels einhergehen. Das Medikament lässt sich als Kapsel oder Tablette einnehmen.
Fluoxetin: Nebenwirkungen
Unter der Einnahme von Serotonin-Wiederaufnahmehemmern wie Fluoxetin können zahlreiche unerwünschte Wirkungen auftreten. Die häufigsten Nebenwirkungen von Fluoxetin sind:
- Appetitlosigkeit und Übelkeit (besonders in den ersten Tagen der Einnahme)
- innere Unruhe
- vermehrtes Schwitzen
- Zunahme von Angst- oder Schlafstörungen
- Libidoverlust (vor allem bei Männern) und Erektionsstörungen
- Sehstörungen
Serotonin ist nicht nur als Neurotransmitter an den Prozessen im zentralen Nervensystem, sondern auch an der Blutgerinnung beteiligt, weshalb das Risiko für Blutungen leicht ansteigt – besonders aber, wenn zusätzlich Medikamente zur Blutgerinnungshemmung eingenommen werden. Ebenfalls kann der Natriumgehalt des Blutes leicht absinken, was mit Müdigkeit, Kopfschmerzen, Zittern oder Verwirrung einhergehen kann.
Bei stark überhöhter Dosierung einiger Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ist das Risiko für Herzrhythmusstörungen erhöht.
Vorsicht in den ersten Wochen der Behandlung mit Fluoxetin
Gerade in den ersten Wochen der Behandlung mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern wie Fluoxetin können vermehrt Suizidgedanken und aggressives Verhalten auftreten. Das gilt insbesondere für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Sie sollten deshalb besonders engmaschig betreut werden.
Das sollten Sie bei der Einnahme von Fluoxetin beachten
Wie alle Serotonin-Wiederaufnahmehemmer kann auch Fluoxetin die Wirkung anderer Medikamente und Wirkstoffe stark steigern, weshalb potentiellen Wechselwirkungen unbedingt besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Das ist besonders wichtig aufgrund der langen Halbwertszeit von Fluoxetin: Vier bis 16 Tage kann es nach der letzten Einnahme noch im Körper wirken. Nicht erwünschte Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sowie Nebenwirkungen können also noch einige Zeit nach dem Absetzen des Medikaments fortbestehen.
Nicht eingenommen werden darf Fluoxetin bei Überempfindlichkeit gegen diesen Wirkstoff sowie in Kombination mit irreversiblen, nichtselektiven MAO-Hemmern oder Metoprolol gegen Herzinsuffizienz. Auch Alkohol ist während der Einnahme von Fluoxetin nicht empfehlenswert.
Nach dem Absetzen von Antidepressiva kann es zu Entzugserscheinungen kommen, weshalb SSRI wie Fluoxetin unbedingt langsam mit einer schrittweisen Dosisverringerung ausgeschlichen werden sollten. Das empfiehlt sich vor allem vor dem Hintergrund, dass die Beschwerden bei zu schnellem Absetzen denen der depressiven Erkrankung ähneln können. Zu den Beschwerden während des Absetzens gehören:
- Schwindel
- Übelkeit und Erbrechen
- Schlafstörungen
- grippeähnliche Symptome
- Reizbarkeit, Ängstlichkeit
Fluoxetin in Schwangerschaft und Stillzeit
Der Erfahrungsumfang zur Einnahme von Fluoxetin in der Schwangerschaft ist relativ groß. Zwar liegen laut Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie (Embryotox) keine eindeutigen Hinweise auf eine erhöhte Fehlbildungsrate durch Fluoxetin vor. Allerdings lässt sich ein Zusammenhang zwischen speziellen Fehlbildungen (vor allem Herzfehlbildungen) und Fluoxetin – insbesondere bei Einnahme im ersten Trimester – nicht ausschließen.
Die Wirkstoffe Sertralin und Citalopram gelten als besser geeignete Alternativen. Das gilt auch für die Stillzeit, wenngleich hier laut Embryotox nur gelegentlich vermehrte Schreiattacken bei Anwendung von Fluoxetin beobachtet wurden.
Sollte Fluoxetin im ersten Trimester eingenommen worden sein, empfiehlt sich im weiteren Verlauf der Schwangerschaft eine Feindiagnostik.
Grundsätzlich kann es bei Einnahme von SSRI in der Schwangerschaft, vor allem im zweiten und dritten Trimester, beim Neugeborenen zu Anpassungsstörungen kommen:
- Schlaf- und Trinkstörungen
- Übererregbarkeit, Schreckhaftigkeit und Muskelzittern
- Atemnotsyndrom
- erniedrigter Blutzuckerspiegel (Hypoglykämie)
- insgesamt auffälliges Verhalten
Diese Anpassungsstörungen beginnen in den ersten beiden Tagen nach der Geburt, regulieren sich aber meist innerhalb von ein bis zwei Wochen. Selten halten sie länger an (bis zu vier Wochen).
Es empfiehlt sich immer die Entbindung in einer Klinik mit entsprechender Ausstattung (Neonatologie) zur Versorgung des Babys.
Fluoxetin und Kinderwunsch
Da Fluoxetin vom Körper nur sehr langsam abgebaut wird, empfiehlt sich bei Kinderwunsch eine frühzeitige Reduktion der Dosis oder der Umstieg auf ein anderes Medikament, sofern dies aus ärztlicher Sicht möglich ist. Sprechen Sie bitte bei Kinderwunsch mit Ihrer*Ihrem Ärztin*Arzt; Fluoxetin sollte keinesfalls einfach so abgesetzt werden!
In Tierversuchen zeigte sich eine deutliche Einschränkung der Spermienqualität unter Einfluss von Fluoxetin. Diese Beeinträchtigung scheint jedoch nach Absetzen von Fluoxetin umkehrbar zu sein. Eine grundsätzliche Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit beim Menschen wurde jedoch nicht beobachtet.
Fluoxetin für Kinder und Jugendliche
In Deutschland ist Fluoxetin das einzige für Kinder mit depressiven Störungen zugelassene Antidepressivum; es darf jungen Patient*innen ab acht Jahren verordnet werden, sofern die Depression nach vier bis sechs Wochen nicht auf die Psychotherapie anspricht.
Laut Leitlinien der Fachgesellschaften (diese werden zur Zeit aktualisiert) ist deshalb bei leichten bis mittelgradigen Depressionen einer Psychotherapie Vorrang einzuräumen. Bei schweren Depressionen kann eine Kombination aus Fluoxetin und Psychotherapie erwogen werden.
Fluoxetin war bei Kindern in randomisiert kontrollierten Studien nach zwölf Wochen Einnahme wirksamer als die kognitive Verhaltenstherapie. Allerdings: Nach einem Zeitraum von 36 Wochen konnten keine Unterschiede mehr zwischen Fluoxetin und kognitiver Verhaltenstherapie festgestellt werden. In Bezug auf Suizidalität war die kognitive Verhaltenstherapie nach 36 Wochen jedoch wirksamer als das Medikament.
Wichtig: Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin können insbesondere bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Risiko für Suizidalität erhöhen, weshalb sie während der Einnahme engmaschig betreut werden sollen.
Fluoxetin als "Wundermittel" zur Gewichtsabnahme?
Obwohl Fluoxetin eines der ältesten Medikamente zur Behandlung von Depressionen ist, wird es auch immer wieder im Zusammenhang mit einer Gewichtsabnahme bei Übergewicht und Adipositas genannt. Der Grund: Fluoxetin kann den Appetit verringern. Als mögliche Nebenwirkung kann es also unter der Einnahme zu Gewichtsabnahme kommen. Doch eignet sich Fluoxetin in der sogenannten Off-Label-Anwendung auch zur Behandlung von hohem Übergewicht?
Forscher*innen des internationalen Forschungsnetzwerkes Cochrane haben dazu die Ergebnisse von 19 randomisierten kontrollierten Studien mit insgesamt 2.216 Teilnehmer*innen (überwiegend Frauen) untersucht. 1.280 Personen erhielten Fluoxetin in verschiedenen Dosierungen, 936 ein Placebo (Scheinmedikament) oder ein anderes Medikament gegen Adipositas.
Zwar nahmen die Teilnehmer*innen, die Fluoxetin erhalten hatten, im Durchschnitt 2,7 Kilogramm ab (Dauer der Studien: drei Wochen bis ein Jahr), jedoch sehen die Forscher*innen von Cochrane diese Ergebnisse aufgrund der geringen Studien- sowie Teilnehmerzahl als sehr unsicher an. Zudem traten bei den Personen, die Fluoxetin erhielten, etwa doppelt so häufig Nebenwirkungen wie Schwindel, Schläfrigkeit, Müdigkeit, Schlaflosigkeit oder Übelkeit auf.
Fluoxetin und Corona
Seit Beginn der Corona-Pandemie werden mangels Therapieoptionen immer wieder bereits vorhandene Medikamente auf ihre Wirksamkeit gegen einen schweren Verlauf von Covid-19 erprobt. Auch Fluoxetin und Fluvoxamin, ein weiteres Antidepressivum aus der Gruppe der SSRI, gehören dazu.
Zahlreiche Beobachtungen und kleinere Studien sprechen dafür, dass Fluoxetin und Fluvoxamin, zu Beginn einer Covid-19-Erkrankung verordnet, das Risiko für einen schweren Verlauf reduzierten und/oder eine klinische Verschlechterung verhinderten. Also ist Fluoxetin erneut als "Wundermittel" im Gespräch?
Tatsächlich könnten SSRI generell wirksam gegen Covid-19-Erkrankungen sein. Forscher*innen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster fanden heraus, dass Fluoxetin die Aufnahme des Coronavirus SARS-CoV-2 in die Zellen blockiert sowie dessen Verbreitung hemmt. Und das, ohne die körpereigenen Zellen zu beschädigen. Den gleichen Effekt stellten die Forscher*innen bei zwei aktuell zirkulierenden Subtypen des Influenza-A-Virus fest.
Weitere Studien aus den USA und Brasilien bestätigen die Beobachtung: Demnach scheinen Personen, welche die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Fluoxetin und Fluvoxamin einnahmen, ein geringeres Risiko für schwere Verläufe und Krankenhauseinweisungen zu haben. Auch das Sterberisiko scheint reduziert – auch bei Hochrisikopatient*innen. Den Medikamenten wird Potenzial bei der Behandlung von Covid-19 zugeschrieben. Weitere Forschungen laufen.
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