Rasenmäher-Eltern: Das macht den Erziehungsstil so gefährlich
Die Helikopter-Mamas und -Papas bekommen Konkurrenz: Sogenannte Rasenmäher-Eltern fallen nicht nur durch die Überbehütung ihrer Kinder auf, sondern räumen jedes Hindernis vorauseilend aus dem Weg – wie ein Rasenmäher oder Schneepflug. Dieses Verhalten kann für die Kinder weitreichende Folgen haben.
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- © GettyImages/Dimensions
Der Begriff „Helikopter-Eltern“ kursiert seit den Neunzigern. Bei dem überfürsorglichen Erziehungsstil umkreisen Eltern ihre Kinder wie Hubschrauber, bleiben gern in ihrer Nähe, begleiten die Sprösslinge bis zum Klassenzimmer und helfen ihnen bei den Schulaufgaben. Neuer ist das Phänomen der Rasenmäher-Eltern: Diese setzen früher an und räumen Probleme oder Konflikte schon aus dem Weg, bevor ihr Kind damit in Berührung kommt. Auch die Begriffe Schneepflug- oder Curling-Eltern beschreiben diesen Erziehungstyp. Meist sind Menschen, die diese Strategie verfolgen, selbst überdurchschnittlich gut ausgebildet und möchten ihrem Kind zu einem mindestens ebenso erfolgreichen Leben verhelfen.
Inhalte dieses Artikels:
- Was Rasenmäher-Eltern ausmacht
- Welche Folgen ihr Verhalten für die Kinder hat
- Haben Rasenmäher-Eltern auch Vorteile?
- Wie Eltern vom Rasenmähen wegkommen
Was sind Rasenmäher-Eltern?
Den Begriff mitgeprägt hat die US-amerikanische Pharmazie-Professorin Karen Fancher, die in einem Blogbeitrag folgende Situation beschreibt: Eine Frau kommt ins Uni-Büro der Professorin, hintendrein trottet ihre Tochter, die bereits eingeschrieben ist und in den kommenden Monaten ihr Studium aufnehmen soll. Sie hätten ein Problem mit dem Stundenplan ihrer Tochter, zitiert Fancher die Mutter. Die erwachsene Tochter sei im darauffolgenden Gespräch gar nicht zu Wort gekommen, obwohl es sich schlussendlich um sie drehte, schreibt die Professorin – und fügt hinzu, dass diese Situation bei weitem kein Einzelfall gewesen sei.
Auch Lehrer*innen können von diesem Erziehungstyp oft ein Liedchen singen: Sie bitten häufiger als andere um Elterngespräche, um für ihre Kinder zu verhandeln oder klagen gar bessere Zensuren ein. Insofern können Rasenmäher-Eltern als Steigerung der Helikopter-Eltern angesehen werden: Sie lösen nicht nur die Probleme ihrer Kinder, sondern beseitigen jedes Hindernis, bevor überhaupt Schwierigkeiten daraus entstehen können. Statt bei den Hausaufgaben sehr engmaschig zu helfen, erledigen sie sie beispielsweise gleich ganz im Namen der Kinder. So verfolgen sie ihr Hauptziel, jegliches Übel von ihrem Kind fernzuhalten.
Während der Nachwuchs kleine, unwichtige Entscheidungen, etwa beim Spielzeugkauf oder der Tellerauswahl, selbst fällen darf, behalten Rasenmäher-Eltern die Oberhand bei allen wichtigen Lebensbereichen wie Schule, Freizeitaktivitäten und Umgang ihrer Kinder. Der Klammergriff geht bisweilen so weit, dass Eltern ihrem Kind bestimmte Hobbys und Vorlieben einreden, die ihrem großem Kontrollbedürfnis zupasskommen.
Auch im sozialen Miteinander außerhalb von Kindergarten, Verein oder Schule sind diese Eltern viel näher dran am Geschehen, greifen in Streitigkeiten mit Gleichaltrigen ein und prüfen kritisch, mit wem ihr Kind Zeit verbringt. Dabei hegen sie beste Absichten und wollen den Nachwuchs von jeglicher Frustration fernhalten – jedoch mit teilweise weitreichenden Konsequenzen.
Welche Folgen hat das für die Kinder?
Für ein gelingendes Leben brauchen Menschen die Erfahrung, dass man aus Fehlern und Misserfolgen lernen und an ihnen wachsen kann. Dazu müssen die Kinder ermächtigt werden, sozialverträgliche Strategien zu entwickeln, um mit Frustration umzugehen. Ebenso wie beim Laufenlernen muss das Stolpern, Hinfallen und Wiederaufstehen auch in anderen Lebensbereichen geübt werden. Den Kindern von Rasenmäher-Eltern wird dieser Lernprozess verwehrt, da die Eltern wenig Vertrauen in die kindlichen Fähigkeiten haben und lieber selbst vorpreschen.
Mit Rückschlägen und schwierigen Mitmenschen umzugehen, bleibt dadurch bis ins Erwachsenenalter deutlich erschwert, da die Kinder daran gewöhnt sind, dass Probleme für sie „niedergemäht“ und Enttäuschungen vermieden werden.
Neben der Frustrationstoleranz ist auch die Entscheidungsfähigkeit der Kinder von Rasenmäher-Eltern unterentwickelt. Ebenso leiden Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein unter der ständigen Einmischung, Strategien zur Konfliktlösung können nur unzureichend erarbeitet werden. Expert*innen wie die DAK-Psychologin Franziska Rath warnen zudem davor, dass die mangelnde Übung im Scheitern im späteren Leben in ungesunde Bewältigungsmechanismen wie etwa Süchten münden kann.
Haben Rasenmäher-Eltern auch Vorteile?
Wenngleich etwa "Helikopter-Eltern" gern als Kampfbegriff und Beleidigung verwendet wird, haben Studien gezeigt, dass die Überbehütung und das starke Interesse am Leben des Kindes auch gute Seiten haben können: Einer Untersuchung aus den USA zufolge haben die Kinder von Helikopter-Eltern etwa bessere Chancen auf einen guten Abschluss und Erfolg im Berufsleben, sie nehmen zudem seltener Drogen. Der kindlichen Entwicklung ist die Dauerpräsenz eines Erziehungsberechtigten jedoch nicht unbedingt zuträglich, wie eine andere Studie an gut 1.600 Kindern ergab.
Für die Rasenmäher-Eltern und ihre Kinder liegen noch keine solchen Ergebnisse vor, dafür ist das Phänomen zu jung. Fachleute warnen aber davor, dass entgegen der guten Absichten der Eltern aus dieser Form der Erziehung wenig kritikfähige Menschen mit übersteigertem Selbstbewusstsein resultieren können – oder gar asoziale Erwachsene.
Was oder wer kann Rasenmäher-Eltern helfen?
Oft bringt es schon Besserung, wenn Eltern das Problem als solches erkennen und sich vor Augen führen, dass ihr gut gemeintes Handeln alles andere als positive Folgen für das geliebte Kind haben kann. Zudem kann es helfen, sich bei Konflikten gezielt zurückzuhalten und erst einmal abzuwarten, ob die Kinder alleine eine Lösung finden.
Du solltest deinem Kind signalisieren, dass du ihm und seinen Fähigkeiten vertraust und es bei Enttäuschungen und Frustration liebevoll begleiten. Wer Sorge hat, durch sein rasenmäherhaftes Verhalten dem Kind auf Dauer zu schaden, kann sich an Beratungsangebote für Eltern wenden, etwa von Pro Familia oder der Arbeiterwohlfahrt.
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