Karies bei Kindern: Vorbeugen und behandeln
Karies gehört zu den häufigsten Erkrankungen bei Kindern. Dabei lässt sich der Zahnerkrankung durch gute Mundhygiene, zuckerarme Ernährung und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt gut vorbeugen.
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Dank Aufklärung und Füherkennung beim Zahnarzt hat sich die Häufigkeit von Karies bei Kindern in den letzten Jahrzehnten zwar deutlich reduziert. Trotzdem gehört Karies immer noch zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindes- und Erwachsenenalter. Auch Kleinkinder sind betroffen: In Deutschland leiden bereits zehn bis 15 Prozent der unter Dreijährigen an der sogenannten frühkindlichen Karies.
Artikelinhalte auf einen Blick:
- Wie entsteht Karies?
- Karies erkennen
- Nuckelflaschenkaries
- Behandlung
- Karies an Milchzähnen
- Karies vorbeugen
- Tipps von einer Kinderzahnärztin
Wie entsteht Karies?
Auch heute noch kennt jedes Kind die Geschichte von "Karius und Baktus" von Thorbjoern Egner aus den Fünfzigerjahren: Die beiden Bakterien leben munter im Mund eines Jungen, der viel Süßes isst und sich nicht die Zähne putzt – das ideale Lebensumfeld für die Bakterien Karius und Baktus, die sich mit Hammer und Sichel ihren Lebensraum erweitern und munter Löcher in die Zähne des Jungen schlagen.
Karius und Baktus stehen dabei für echte Bakterien. Die Bakterien sitzen auf der Zahnoberfläche im Zahnbelag (Plaque) und ernähren sich von Speiseresten, vor allem von Zucker. Als Stoffwechselprodukte scheiden sie Säuren aus. Je länger diese Säuren auf den Zahnschmelz wirken – je länger also nicht geputzt und dabei Zahnbelag entfernt wird – desto stärker demineralisieren sie den Zahnschmelz und schädigen den Zahn. Besonders viele Säuren können diese Bakterien produzieren, wenn sie kohlenhydratreiche Nahrung erhalten, insbesondere Zucker.
Die Entstehung von Karies ist also ein Wechselspiel zwischen Ernährung und Mundhygiene. Je mehr Süßigkeiten gegessen werden und je unzureichender die Zähne geputzt werden, desto größer ist das Risiko, dass Karies entsteht.
Karies bei Kindern erkennen
Gerade kleinere Kinder können Zahnschmerzen noch nicht so gut artikulieren. Eltern sollten daher aufmerksam werden, wenn ihr Kind vermehrt Speichel produziert, bestimmte Speisen meidet und insgesamt unruhiger ist. Beim Blick auf die Zähnchen zeigt sich die bereits spürbare Karies dann auch schon als dunkle/bräunliche Flecken auf den Zähnen. Der Gang zum Zahnarzt ist nun unumgänglich.
Doch eine beginnende Karies kann schon viel früher erkannt werden: In der ersten Phase dieses mehrstufigen Prozesses wirken die Säuren auf den Zahnschmelz, die äußere Hülle des Zahns. Zahnschmelz ist sehr hart und besteht zum größten Teil aus Mineralstoffen. Dauerhaft einwirkende Säuren können ihm Mineralstoffe entziehen und ihn dadurch zerstören. Diese Demineralisierung können aufmerksame Eltern bereits in einem frühen Stadium erkennen.
Karies im Anfangsstadium lässt sich noch stoppen
In der ersten Phase findet eine Entkalkung des Zahnschmelzes statt. Sie zeigt sich häufig in kleinen milchig-trüben Flecken auf der Zahnoberfläche. Diese Bereiche sind weißer als der übrige Zahn und glänzen nicht. Das Tückische ist, dass man Karies eher mit dunklen Flecken in Verbindung bringt und den weißen Flecken daher oft wenig Bedeutung zumisst. Dabei lässt sich die Karies in dieser Entkalkungsphase häufig noch stoppen und ohne Füllung in den Griff bekommen.
Voraussetzung ist eine noch intakte Zahnoberfläche, bei der bislang nur Mineralien herausgelöst worden sind. Dr. Juliana Janssen von der Kinderzahnarztpraxis Zahnkinder in Köln erklärt: "Wir empfehlen dann, bis zu viermal jährlich vom Zahnarzt einen Fluoridlack auftragen zu lassen. Die Entkalkung lässt sich dadurch oft stabil halten und es wird eine Remineralisierung gefördert."
Erst ab der zweiten Phase bricht die Oberfläche des Zahns ein und die Karies zeigt sich in ihrer "klassischen" dunklen/bräunlichen Form. Dann hilft nur noch die möglichst frühzeitige Behandlung beim Zahnarzt, um die Zahnschäden zu beseitigen und zu begrenzen.
"Nuckelflaschenkaries" muss nicht sein
Das dauerhafte Nuckeln an der Flasche macht Babys nicht nur "flaschenabhängig", sondern stört auch die Mundflora, indem sie die Schutzfunktion des Speichels mindert. Besonders tückisch sind zuckerhaltige Babytees oder Säfte, die durch permanentes Nuckeln an der Flasche die Zähne ständig umspülen: Sie verursachen vor allem an den oberen Schneidezähnen der Milchzähne schmerzhafte Karies.
Nicht selten sind die Zähne schnell so stark geschädigt, dass sie gezogen werden müssen. Geben Sie Ihrem Kind die Flasche deshalb nicht selbst zur dauerhaften Beruhigung in die Hand, sondern stellen Sie sie nach dem Trinken weg. Zuckerhaltige Getränke sind für Babys ohnehin nicht empfehlenswert.
Wie wird Karies bei Kindern behandelt?
Je früher die Behandlung der Karies beginnt, desto besser, denn die Erkrankung schreitet – einmal durch den Zahnschmelz hindurch- und im Zahnbein angekommen – schnell fort. Das ist auch das Stadium, in dem bei den meisten Betroffenen die Zahnschmerzen beginnen.
Wie beim Erwachsenen muss Karies beim Kind mechanisch mit dem Bohrer entfernt werden, bevor sich die Lücke mit einer Füllung versorgen lässt. Als Füllung empfehlen sich die üblichen Materialien wie Kunststoff oder Komposit. Amalgam verwendet man bei Kindern in der EU seit 2018 nicht mehr.
Zur Betäubung erhalten Kinder den gleichen Wirkstoff wie Erwachsene, jedoch in geringerer Dosierung. Eltern, die Sorge wegen möglicher Nebenwirkungen haben, kann Zahnärztin Dr. Janssen beruhigen: "Der verwendete Wirkstoff ist außerordentlich gut erprobt und hat ein sehr geringes Risikoprofil. Zudem sorgt die geringe Dosierung für einen zügigen Abbau und die Stelle ist weniger lange taub."
Karies an den Milchzähnen
Gerade die frühkindliche Karies gilt als häufigste chronische Erkrankung von Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter. Milchzähne sind weniger stabil als bleibende Zähne, weshalb Karies an ihnen auch besonders rasch voranschreitet und schneller den Nerv erreicht.
"Wenn der Nerv bereits betroffen ist, empfiehlt sich keine Füllung mehr", erläutert Dr. Janssen ihr Vorgehen bei größeren Löchern in Milchzähnen, "Milchzähne haben eine andere Struktur. Bei einem Backenzahn mit tiefer Karies, die bereits bis zum Nerv reicht, wird daher eine sogenannte Teilnervbehandlung durchgeführt: Der obere infizierte Teil des Zahnnervs wird entfernt und der Rest mit einem speziellen Material abgedeckt, sodass sich der Zahn nicht entzündet. Im Anschluss erhält der Zahn eine Krone, denn herkömmliches Füllmaterial würde bei einem bereits stark beschädigten Milchzahn nicht gut genug halten."
Für Kinder verwende man vorgeformte Kronen, sodass der kranke Zahn in lediglich einer einzigen Sitzung behandelt werden könne.
Karies beim Kind vorbeugen
Regelmäßig Zähne putzen
Mindestens zweimal täglich – am besten aber nach jedem Essen – sollten Kinder die Zähne putzen. Bei Kindern sind die Eltern von Anfang an dafür verantwortlich, dass sich keine Karies entwickelt, denn sie bestimmen über die Ernährung ihres Kindes und führen die Mundhygiene durch.
Etwa ab der Schulzeit sind Kinder zwar durchaus in der Lage, sich die Zähne selbst zu putzen, benötigen aber unbedingt weiter Unterstützung durch die Eltern: Sie sollten nach dem Zähneputzen kontrollieren und nachputzen.
Sobald die erste Zahnspitze bei zahnenden Babys zu sehen ist, empfiehlt sich nach dem Trinken oder Essen das vorsichtige Reinigen mit einem Fingerling oder einer Kinderzahnbürste. Auch ein dünner Film Kinderzahncreme darf jetzt schon verwendet werden. Sobald ein Zahn vollständig durchgebrochen ist, sollte mindestens zweimal täglich geputzt werden.
Lesen Sie hier mehr über Zahnpflege bei Babys und Kindern.
Kinderzahncreme mit oder ohne Fluorid?
Das Spurenelement Fluorid ist zur Härtung des Zahnschmelzes und damit zur Vorbeugung von Karies besonders bei Kindern wichtig. Uneins sind sich Experten allerdings darüber, wie das Fluorid an die Zähne kommen soll. Kinderärzte empfehlen meist Fluoridtabletten, Zahnärzte eher fluoridhaltige Zahncremes. Die bis 2018 gültige Leitlinie der Fachgesellschaften stammt aus dem Jahr 2013 und wird zur Zeit überarbeitet. Eltern sollten sich am besten mit ihrem Kinder- oder Zahnarzt absprechen.
Fest steht: Bis zum Zahnwechsel ist die Anwendung einer Kinderzahncreme empfehlenswert. Fluoridhaltige Kinderzahncremes enthalten etwas weniger Fluorid als Zahnpasta für Erwachsene. Das ist besonders für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr wichtig, denn sie haben durch eine dauerhaft erhöhte Zufuhr von Fluoriden ein besonders hohes Risiko, eine Fluorose zu entwickeln. Die Zeitschrift ÖKO-TEST hat Ende 2019 über 60 Zahncremes für Kinder getestet. Die Ergebnisse können Sie hier kostenfrei abrufen.
Lesen Sie hier mehr über Fluorid für Babys und Kinder.
Ab dem ersten Zahn zum Zahnarzt gehen
Zahnärzte empfehlen Eltern, mit ihren Kindern zweimal jährlich zur Vorsorge zu gehen, sobald sich der erste Zahn zeigt. Wie bei Erwachsenen gehört die zahnärztliche Kontrolle zu den regulären Vorsorgeleistungen. Die Kosten dafür werden also unabhängig vom Alter des Kindes von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Bis zu viermal jährlich haben gesetzlich krankenversicherte Kinder zudem Anspruch auf Anwendung eines Fluoridlacks zur Kariesprophylaxe bei Zähnen mit einem höheren Kariesrisiko.
Lieber nur einmal am Tag naschen
Bakterien lieben Kohlenhydrate – vor allem Zucker: Dank ihm können sie sich wunderbar vermehren und fleißig Säuren produzieren. Die Säuren wiederum schädigen den Zahn und es entsteht Karies. Gerade Kinder, die über den Tag verteilt immer wieder "was kleines Süßes" naschen, haben deshalb ein höheres Kariesrisiko. Die beste Prävention wäre, Süßes ganz zu meiden.
Kinderzahnärztin Dr. Janssen empfiehlt als realitätsnahen Kompromiss, alle Süßigkeiten auf einmal zu essen: "Lieber die zehn Gummibärchen auf einmal essen und nicht über den Tag verteilen. Im Anschluss natürlich die Zähne putzen. Das reinigt und neutralisiert Säuren, Karies hat weniger Chancen."
Brauchen Kinder eine Zahnreinigung?
Generell benötigen Kinder mit gesunden Zähnen keine reguläre Zahnreinigung in der Zahnarztpraxis. "Um Karies bei Kindern mit einem erhöhten Risiko vorzubeugen, kann die professionelle Zahnreinigung aber durchaus eine Hilfestellung sein", betont Dr. Janssen, "vor allem bei einer kohlenhydratreichen Ernährung oder wenn die Mundhygiene noch nicht so gut klappt." Wie beim Erwachsenen ist die Zahnreinigung jedoch auch beim Kind eine private Leistung.
Karies vorbeugen: Tipps von einer Kinderzahnärztin
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- © Zahnkinder Köln
Dr. Juliana Janssen ist zertifizierte Kinderzahnärztin und Partnerin in der Gemeinschaftspraxis Zahnkinder Köln. In der Kinderzahnarztpraxis werden kleine Patienten von 0 bis 14 Jahren kindgerecht behandelt.
9monate: Frau Dr. Janssen, die wenigsten Menschen gehen wohl gern zum Zahnarzt. Das gilt oft auch für Kinder. Was machen Sie als Kinderzahnärztin anders?
Dr. Janssen: Unser wichtigstes Instrument ist die Sprache, denn unsere Wörter rufen bei Kindern Bilder hervor. Deshalb benutzen wir zum Beispiel in unserer Praxis für die Kariesentfernung nicht das Wort "bohren", sondern "reinigen", was gleich viel weniger bedrohlich klingt. Gerade Spritzen und die Betäubung sind oft ein Angstbild kleiner und großer Patienten. Wir sprechen daher lieber vom "Schlafenlegen" des Zahns. Das ist so anschaulich, dass auch kleine Kinder den Vorgang verstehen. Gleichzeitig wird keine Angstkulisse aufgebaut.
Wie schaffen es Eltern, ihren Kindern die Angst vor dem Besuch beim Zahnarzt zu nehmen?
Wenn Eltern ihren Kindern vorab eine Behandlung erklären möchten, sollten sie versuchen, negativ belegte Begriffe zu vermeiden und eine positive Grundhaltung zu vermitteln. Oder aber die Erklärung einfach der Zahnärztin überlassen.
Sind die Eltern angespannt und gestresst, überträgt sich das aufs Kind – daher genug Zeit einplanen für Besuche und wenn man selbst Angstpatient ist lieber den Partner mitschicken.
Der gut gemeinte Satz: "Du brauchst keine Angst zu haben", bewirkt genau das Gegenteil. Die Kinder fragen sich dann, warum die Eltern das so betonen und ob es vielleicht doch einen Grund gibt, Angst zu haben.
Kinder und Zähneputzen: Wann sollte man mit der Zahnpflege beginnen?
Karies kann leider bereits ab dem ersten Zahn entstehen. Sobald dieser also zu sehen ist, sollten Eltern mit der Zahnpflege beginnen. Um Kinder so früh wie möglich an das Ritual des Zähneputzens zu gewöhnen, können Eltern schon vor dem Zahndurchbruch ab und zu mit dem Finger oder einer Fingerzahnbürste zum Aufstecken sanft über das Zahnfleisch ihres Babys fahren. Solche "Zahnfingerlinge" haben zudem den Vorteil, dass das Zahnfleisch massiert wird, was gerade zahnende Babys oft als angenehm empfinden.
Ab wann können Kinder ihre Zähne selbst putzen?
Bis zum Alter von etwa zehn Jahren empfiehlt sich das Nachputzen durch die Eltern. Grund ist die Entwicklung der Motorik: Das ist ungefähr das Alter, indem die Kinder kreisende Bewegungen, die sie zum Beispiel auch für das Schreiben in Schreibschrift brauchen, flüssig beherrschen. Vorher ist es also rein aus Entwicklungsgründen fast unmöglich, die Zähne gründlich genug zu putzen. Eltern empfehlen wir das gründliche Nachputzen, bis sie sicher sind, dass ihr Kind dies auch wirklich selbst gut kann.
Können Eltern ihre Kinder mit Kariesbakterien "anstecken", indem sie zum Beispiel den heruntergefallenen Schnuller ablutschen?
Früher hat man Eltern häufig tatsächlich davon abgeraten, einen heruntergefallenen Schnuller ihrer Kinder zur Säuberung abzulutschen. Die Annahme, dass Eltern kariesverursachende Bakterien über den Speichel auf ihr Kind übertragen können, gilt aber mittlerweile als überholt. Dafür sprechen auch die Ergebnisse einer skandinavischen Studie, nach der dieses Vorgehen sogar das Immunsystem des Kindes stärkt und das Kariesrisiko nicht erhöht.
Den größten Einfluss auf die Entstehung von Karies bei Kindern haben ohnehin andere Faktoren: Wer viel Zucker isst, führt genau den Keimen in der Mundflora, die schädigende Säuren produzieren, Nahrung zu – und sorgt so davor, dass sich Karieskeime überproportional vermehren. Die Ernährung hat zusammen mit der richtigen und lückenlosen Mundhygiene den größten Einfluss darauf, ob sich beim Kind Karies entwickelt oder nicht.
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