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"Kontrolliertes Schreienlassen"

Ferber-Methode: Umstrittenes Schlaftraining für Babys

Für die einen ist es ein wirksames Schlaftraining für Babys, für die anderen Kindesmisshandlung – Schlafenlernen mit der Ferber-Methode ist umstritten. Die meisten Expert*innen sind sich einig, dass kontrolliertes Schreienlassen Babys eher schadet.

Ferber-Methode: Das umstrittene Schlaftraining
© iStock.com/DGLimages

Beim Schlafenlernen nach der Ferber-Methode (dem "Ferbern") werden Kinder zur Schlafenszeit für einen fest vorgegebenen Zeitraum sich im Bettchen selbst überlassen, damit sie lernen, alleine zu schlafen. Die Ferber-Methode erfreut sich in den USA immer noch größerer Beliebtheit. Bei uns ist sie stark umstritten. Kritiker*innen monieren, dass selbst ein kontrolliertes Alleine- und Schreienlassen zu Bindungsstörungen beim Kind führt.

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Mit der Ferber-Methode sollen Säuglinge das Schlafen lernen

Es gibt verschiedene Varianten der Ferber-Methode. Sie alle sind dadurch gekennzeichnet, dass das Kind nach und nach lernen soll, auch alleine, also ohne Berührung oder Anwesenheit der Eltern, ein- und durchzuschlafen. Die Annahme dahinter: Babys schlafen besser ein und durch, wenn sie ohne Hilfestellung der Eltern wie Tragen, Stillen oder Schmusen, einschlafen.

Laut Ferber hilft seine Methode dem Baby, neue Zusammenhänge zwischen seinem Schlaf und seiner Umgebung zu knüpfen und sich von alten Assoziationen, zum Beispiel, dass die Eltern immer da sein müssen, damit es schlafen kann, zu lösen. Erfahre ein Baby, dass es auch ohne die Eltern einschlafen kann, würde es auch nachts, wenn es kurz aufwacht, nicht sofort nach den Eltern schreien und weinen. Vielmehr sei es in der Lage, von selbst wieder einzuschlafen, weil es feststellt, dass es die Eltern nicht unbedingt dafür benötigt. Es beruhige sich quasi selbst. Um das zu erlernen, müssten aber zunächst die alten Verknüpfungen gelöst werden. Nach erfolgreicher Anwendung seiner Methode verfüge ein Baby nach Ferber über die Fähigkeit zur Selbstberuhigung.

Feste Rituale beim Ferbern

Das Zubettgehen erfolgt dabei nach einem festen Ritual: Der Säugling wird nach den in der Familie üblichen Ins-Bett-geh-Ritualen (zum Beispiel schmusen und streicheln, baden oder vorlesen) zur Schlafenszeit ins Bett gelegt. In den Tagen vor Beginn des Ferberns sollen die Eltern genau auf die Signale ihres Kindes achten lernen, um dann auch den richtigen Zeitpunkt für die Schlafenszeit zu finden, nämlich dann, wenn das Baby auch wirklich müde ist und Ruhe braucht.

Das Baby soll beim Zubettgehen immer wach sein. Unter anderem deshalb eignet sich die Ferber-Methode nicht für Säuglinge, die noch gestillt werden, sie sollte daher – wenn überhaupt – erst für bereits abgestillte Kinder angewendet werden. Vom extra Abstillen, um die Ferber-Methode anwenden zu können, wird abgeraten, da beides zur gleichen Zeit für das Kind zu belastend und stressig sein kann. Ferber selbst empfiehlt die Anwendung seiner Methode ab einem Alter von frühestens sechs Monaten.

Ferber-Methode als "kontrolliertes Schreienlassen"

Liegt das Baby in seinem Bettchen, "verabschieden" es die Eltern nach einem liebevollen, aber kurzen Ritual (noch mal streicheln, eine gute Nacht wünschen) und verlassen das Kinderzimmer. Wenn ihr Baby gleich darauf zu weinen anfängt, sollen Eltern etwa drei bis fünf Minuten warten – also ihr Baby weinen lassen –, bevor sie wieder ins Zimmer kommen, es kurz trösten und danach wieder das Zimmer verlassen.

Durch das kurze Zurückkehren ins Zimmer und die Zuwendung geben die Eltern dem Kind Rückversicherung, heben es aber nicht aus dem Bettchen, stillen oder füttern es nicht. Das Kind erfährt so, dass es gar nicht allein ist und die Eltern zu ihm kommen, wenn es sie braucht. Manche Verfechter der Ferber-Methode sprechen vom "kontrollierten Schreienlassen".

Das wird so lange wiederholt, bis das Baby fest eingeschlafen ist. Anfangs kann das bis zu einige Stunden dauern, verlangt also viel Durchhaltevermögen von den Eltern. Von nun bringen die Eltern ihr Baby jeden Abend auf diese Weise ins Bett, bis das Einschlafen klappt, das Baby von alleine einschläft und nicht wieder zu weinen beginnt, sobald die Eltern das Zimmer verlassen.

Ist der Anfang gemacht und schläft das Baby von allein ein, kann auch beim nächtlichen Aufwachen so wie beim Einschlafen verfahren werden.

Da die Einführung der Ferber-Methode auch für die Eltern eine große Belastung sein kann, halten Experten die folgenden Voraussetzungen für wichtig, damit das Schlafenlernen gelingen kann:

  • Das Kind muss körperlich und seelisch gesund sein.
  • Beide Eltern sollten mit der Einführung der Ferber-Methode einverstanden sein. Hat einer Zweifel, ist eher abzuraten, weil die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs groß ist.
  • Die Eltern haben sich im Vorfeld über die Konsequenzen verständigt. Sie wissen, dass ihr Kind wahrscheinlich schreien und weinen wird und trauen sich zu, das auszuhalten.
  • Es sollte ausreichend Zeit und Ruhe für das Ferbern zur Verfügung und keine größeren Veränderungen während dieser Zeit anstehen.

Kritik: Das Ferbern ist hoch umstritten

Kritiker*innen lehnen die Ferber-Methode ab, weil dem Kind dabei nachhaltiger Schaden zugefügt werde. Gerade das Weinen- oder Schreienlassen ist umstritten, da Babys auf diese Weise ihre Bedürfnisse mitteilen und dann die Erfahrung machen, dass ihre Eltern nicht auf sie reagieren, wenn sie sich an sie wenden. Die Folge sind Verlustangst und ein gestörtes Urvertrauen. Viele Eltern würden das sicher aus dem Bauch heraus bestätigen – ein Kind schreien lassen? Das geht gar nicht!

Vielmehr führen Experten an, dass das Alleinelassen des Kindes lediglich zu noch intensiverem Schreien und Weinen führt. Wird ein Baby oder Kleinkind von seinen Bezugspersonen alleine gelassen, führt das zu großer Angst, sodass ein Kind noch intensiver versuchen wird, seine Bezugsperson auf sich aufmerksam zu machen und förmlich nach ihnen ruft.

Kritisiert wird auch die Behauptung, ein Baby könne das "richtige Schlafen" erlernen und hätte irgendwann, nämlich, wenn es gut ein- und durchschläft, sein Verhalten verändert. Vielmehr resigniere das Kind, es gebe auf. Es sei zudem völlig normal, wenn kleine Kinder nicht durchschliefen und die Nähe der Eltern brauchen.

Ferber-Methode nur als "Not-Programm"

Es gibt Eltern, die unter dem schlechten Schlaf ihrer Babys sehr leiden. Das betrifft insbesondere Eltern sogenannter Schreibabys. Besonders belastend kann es werden, wenn ein Baby zusätzlich viel Zeit beansprucht, etwa, weil es auch tagsüber viel schreit. Wenn Eltern derart belastet sind, kann es sinnvoll sein, es mit einem Schlaflernprogramm wie der Ferber-Methode zu versuchen, zumal es immer wieder Berichte von Eltern gibt, die sich selbst als am Rand der Verzweiflung stehend beschreiben und durch erfolgreiches Ferbern endlich wieder Ruhe finden konnten. Es gibt Situationen, in denen Eltern an ihre Grenzen kommen. Manche Experten erachten Schlaflernprogramme wie die Ferber-Methode für solche Familien als sinnvolle Hilfe, sozusagen als Not-Programm.

Ferbern: Studie zeigt keinen Hinweis auf vermehrten Stress fürs Baby

Im Juni 2016 veröffentlichten australische Wissenschaftler Ergebnisse einer Studie, in der sie zwei Programme zum Schlafenlernen miteinander verglichen, die Ferber-Methode und einer in Australien sehr beliebte Methode, bei der die Kinder jeden Tag einige Minuten später ins Bett gebracht werden (bedtime fading). An der Studie nahmen 43 Kinder zwischen sechs und 16 Monaten und ihre Eltern teil. Beide Schlaflernprogramme waren erfolgreich, nach einigen Monaten hatte sich die Einschlafzeit der Kinder deutlich vekürzt und sie wachten auch seltener nachts auf. Vor allem die Ferber-Methode war bei den Studienteilnehmenden sehr effektiv.

Die Wissenschaftler maßen auch den Kortisol-Spiegel im Blut der Babys. Das Hormon Kortisol wird bei Stress vermehrt ausgeschüttet und ist daher ein guter Indikator für den Stresspegel. Auch die Eindrücke der Mütter wurden dabei berücksichtigt. Sowohl der Kortisol-Spiegel der Babys als auch die Beobachtungen der Mütter gaben keine Hinweise auf ein erhöhtes Stresslevel. Daraus schlossen die Wissenschaftler, dass sowohl die Methode des späten ins Bett Bringens als auch die Ferber-Methode keine schädlichen Auswirkungen auf Babys haben.

Unter Entwicklungs-Expert*innen sind die Schlussfolgerungen der Wissenschaftler jedoch umstritten. Da es sich um eine vergleichsweise kleine Studie handelt, dürften die Studienergebnisse nicht besonders aussagekräftig sein. Zum anderen ist über die Ausgangshöhe der Kortisolwerte der Kinder nichts bekannt. Befanden sie sich beispielsweise schon zu Beginn auf einem hohen Niveau (etwa aufgrund von Schlafstörungen oder vermehrten Schreiens), müsste man die Ergebnisse noch einmal aus anderer Perspektive betrachten.

Beiträge im Forum "Geburtstermin November/Dezember 2017"
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